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Der Tagesbeginn ist ja für jeden Menschen anders. Manche schlafen gerne so lange
wie es geht. Es ist keine gute Idee, sie vor der ersten Tasse Kaffee
anzusprechen – sie sind halt Morgenmuffel. Andere stehen zeitig auf. Vielleicht
weil sie ohnehin nicht mehr schlafen können – bei älteren Menschen spricht man
schmunzelnd von der senilen Bettflucht. Aber manche stehen auch gern zeitig auf,
weil sie die Ruhe des frühen Morgens lieben. Straßen sind noch leer. Kein Mensch
weit und breit. Wer zeitig genug aufsteht, der kann den Sonnenaufgang erleben.
Richtig romantisch ist das, besonders an einem schönen Ort. Zugegeben, ich
liebe es noch im Dunkeln loszufahren um rechtzeitig, bevor die Sonne sich über
den Horizont bewegt an einem schönen Platz zu sein. Das Bild zeigt so einen
Platz, nahe Wehlen mit Blick auf die Bergwelt des Elbsandsteingebirges. Wenn
dann das besondere Morgenlicht alles in ein tiefsattes goldgelb taucht, schüttet
das bei mir Glückshormone aus. Ich sehe das Sprichwort „Morgenstund hat Gold im
Mund“ vor mir, eindrücklich, überwältigend. Gerade jetzt, wenn der Frühling
sich so richtig entfaltet mit seinem strahlenden Grün, lohnt sich das Rausgehen
in der zeitigen Morgenstunde ganz besonders. Da ist der kurze Moment schnell
vergessen, wenn man sich im warmen Bett überwinden muss, die Bettdecke zurück zu
schlagen und die Beine raus zu schwingen. Wussten Sie eigentlich, dass auch
Jesus ein Frühaufsteher war? „Am Morgen, noch vor Tage, stand Jesus auf und ging
hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort.“ Mk 1, 35 Ihm war
nicht so sehr der Sonnenaufgang wichtig, sondern mehr die Ruhe und Zeit sich mit
Gott über den Tag und alles was kommt abzustimmen. Er suchte im Gespräch mit
Gott seinen Tagesrhythmus. Und so konnte er Wichtiges von Unwichtigem
unterscheiden. Liegt darin das Geheimnis seiner großen Gelassenheit? Bevor
der Lärm des Tages mir die Ohren volldröhnt, eine Zeit der Stille vor Gott zu
suchen ist mir ein wertvolles Ritual geworden. Wie sagte schon der Kirchenvater
Augustinus: „Die Morgenstunde ist das Steuerruder des Tages“. Vielleicht
stimmen Sie mit mir morgen früh ein in das Gesangbuchlied: „Morgenlicht
leuchtet, rein wie am Anfang. Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt. Dank für
die Lieder, Dank für den Morgen. Dank für das Wort, dem beides entspringt.“
Michael Sollfrank
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